Jakob Weiß - der Gamsbartbinder

Wie entsteht ein neuer Gamsbart

Gamsdecke

Wie die meisten von euch sicherlich wissen wächst der Gamsbart bei der Gemse nicht am Kinn, wie etwa bei der Ziege, sondern am Rücken. Der Bereich vom Genick bis zum Wedel nennt sich Aalstreif. Schön sind die langen, dunklen Grannenhaare mit den hellen Spitzen, dem sogenannten Reif, auf dem Fell zu sehen.

Je länger die Haare und heller die Spitzen, desto wertvoller sind sie. Bis zu 10 solcher Böcke sind für einen olympiareifen Wachler nötig. Beim Hirsch sitzen die Haare nicht am Rücken, sondern vorne am Hals, dem so genannten Vorschlag.

Vom Jäger

Das nebenstehende Foto verdeutlicht, wie ich die Haare üblicherweise geliefert bekomme. Idealerweise rupft der Jäger den Gamsbock unmittelbar nach dem Abschuss, solange der Körper noch warm ist. Die einzelnen Haarbüschel werden in eine mitgeführte Zeitung eingewickelt, damit sie nicht geknickt werden.

Ist es nicht möglich die Gams sofort zu rupfen, muss der Jäger die Decke abziehen oder den Aalstreif herausschneiden. In diesem Fall rasiere ich die Haare mit einem scharfen Messer aus der Decke.

Auskämmen

Ab hier beginnt die eigentliche Arbeit für mich. Die einzelnen Büschel müssen sorgfältig ausgekämmt und von der Unterwolle sowie eventuell vorhandenem Ungeziefer befreit werden. Nach dieser Prozedur bleiben ca. 50 % der wertvollen Haare übrig.

Anschliesend werden die Haarbüschel noch einmal gekämmt und grob der Länge nach vorsortiert.

Waschen

Die vorsortierten Haare müssen nun mehrmals gründlich gewaschen und gespült werden. Diese Arbeit ist unbedingt notwendig, damit jegliche Verschmutzung und auch der strenge Geruch entfernt werden. Für den ersten Waschgang verwende ich ein Feinwaschmittel mit einem Schuss Essig, für den Zweiten kommt ein sehr gutes Haarschampoo zum Einsatz.

Anschliesend werden die Haarbüschel gründlich gespült und auf einer Zeitung langsam bei Raumtemperatur getrocknet.

Büschel binden

Die trockenen Haarbüschel werden nun nochmals ausgekämmt und mit den Spitzen nach oben in ein Glas gesteckt. Das Glas wird mit dem Boden solange auf einen harten Untergrund gestossen, bis alle Haare unten bündig sind.

Ab hier beginnt das Geduldsspiel. Die längsten Haare werden mit den Fingerspitzen herausgezogen und zu kleinen Büscheln von 120 - 150 Haaren sortiert. Dieses Büschel kommt mit den Spitzen voraus in ein dünnes Reagenzglas und wird solange gestossen, bis die Spitzen bündig sind. Nun wird das Ende mit einem Bindfaden abgebunden. Zwischen 150 und 400 einzelne Haarbüschel benötigt man für einen Bart.

Fertig binden

Diese fertigen Haarbüschel werden nun der Länge nach sortiert und aufgereiht. Um nun zum gewünschten Endprodukt, dem fertigen Gamsbart zu kommen, ist wiederum viel Geduld und handwerkliches Geschick nötig. Um einen Stab aus Holz oder Metall werden jetzt die Haarbüschel der Länge nach mit einem starken Zwirn spiralförmig festgebunden. Man beginnt mit den kurzen und beendet die Arbeit mit den längsten.

Das Ende des Wildbartes wird zum Schluss mit Garn sauber abgebunden, damit er zukünftig in der Halterung sauber befestigt werden kann. Zum Schluss nocheinmal gründlich auskämmen, und das Prachtstück kann auf den Trachtenhut des zukünftigen Besitzers gesteckt werden.

Die frische Gamsdecke
Die gerupften Haare
Die Sortierung in gleiche Längen
Waschen, Spülen und Trocknen
Das Binden zu Büscheln
Der fertige Gamsbart